Unsre kleine pharm
Wie erklärt man den Omas dieser Welt, warum man in einer WG lebt? Allein schon diese dämliche Abkürzung, die auch Wiedergeburt, Wohngeld oder Wertgegenstand heißen könnte, ich meine sie sollte eher für wahres Gesicht stehen.
„So, und das ist meine WG“ jemanden zu begrüßen und dann so richtig fies werden, nur nicht zu Oma. „Das ist also dein wahres Gesicht“, könnte die enttäuschte Antwort sein.
Mehrgenerationenhaus ist ja ein Tophit unter Jugendlichen. Die armen können sich kein eigenes Appartement leisten, oder: der Gute, kümmert sich um diesen alten Herrn, heißt das in der Sprache der Senioren, peile ich über den Daumen. Dagegen der Chartbreaker schlechthin: sich womöglich zu schämen, weil der Enkel im Armenhaus lebt.
So ein Armenhaus gab es tatsächlich mal im Nachbardorf. Ganz traditionell stand und steht da immer noch ein großes bäuerliches Anwesen aus Holz, in dem die ländliche Unterschicht hauste und von dem man immer unglaublich traurig und mitleidig sprach. Und das damit assoziierte Leben spielt auf jeden Fall noch mit herein in die Gegenwart.
Gehaust wird aber schon noch tüchtig, wenn auch mit W-Lan und Aufblas-Pizza, statt neben Schubkarre und Gummistiefel. Irgendjemand im Haushalt wird (zumindest bei uns) immer zu dem erkoren, der putzen läßt, bedingt durch ein allgemeingültiges Trägheitsgesetz einer höheren Vernunft. Turnusmäßig entsteht einfach eine kritische Masse, wie jeder weiß, sobald man irgendein Gemüse auch nur zwei Wochen in einer Plastiktüte arbeiten läßt. Und der Hauch des Misthaufens ist dann auch da.
Daß ich mit meinen Mitbewohnern nicht in der Landwirtschaft des Hausherrn mitarbeite, kommt wohl ebenso nur daher, dass wir alle wegen unserer einträglichen Hobbies keine Zeit haben für Bio-Landwirtschaftskurse bei der Volkshochschule. Ansonsten wäre das für die ältere Generation teils wohl grundsätzlich immer noch völlig normal.
Als komplett verrückt hingegen gelten Bauernsöhne, die sich, in die Stadt abgewandert, dort ein Schrebergärtchen mit ihrem selbst gewendeten Komposthaufen einrichten. Naja, oder wenn sie dann ihrer Oma selbst Geerntetes aufs Land raus liefern, weil dort alles zugebaut ist und der Blick auf Maisplantagen keine selbst gelegten Eier verspricht.
Gar so urban ist die Passauer Umgebung aber nun wirklich nicht, man könnte sagen suburban, so mit den Tankstellen, Firmengeländen und überall neuen Wohnsiedlungen. Mitten in der Stadt gibt es dafür einen Bauernmarkt. Auf dem Domplatz werden Freitag vormittags die tollsten frischen Sachen angeboten.
Nur blöd, dass ich meistens gerade zu dieser Zeit in der WG-eigenen Landwirtschaft unabkömmlich bin. Vielleicht sollte ich Oma erzählen, dass ich den Hof bald übernehme und die anderen meine Stallburschen sind, die warten bis sie ausmisten dürfen.
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