Iatz is a Ruah! A Ruah is iatz!
Wie schnell man in diesen Breiten auf „aktuelle“ Probleme reagiert, zeigt ein aktuelles Beispiel. An der Donaulände gibt es das Cafe Unterhaus, ein etwas alternativeres Lokal, mit Atelier und Buchhandlung, wo diesen Mittwoch übrigens eine Ausstellung mit Live-Musik eröffnet wird. Der monatliche DJ-Abend wird ab jetzt wahrscheinlich nicht mehr stattfinden.
Der einzige Grund dafür ist ein eifriger Ordnungsamtmitarbeiter, der anscheinend nachts zufällig vorbeikommend zu viele Leute vor dem Lokal zählte. Angeheizt von dem vermeintlich jetzt akuten Jugendsaufproblem, das aber in völlig anderen Lokalen, jedoch auch irgendwo in der Altstadt vor sich ging, machte man kurzen Prozess: Obwohl keine Beschwerde wegen Lärmbelästigung vorlag, mussten die Betreiber ein saftiges Bußgeld bezahlen.
Während die Saufparties einfach nur woanders abgehen, verteilt auf Stadt und Landkreis, meint hier wohl jemand, nur weil etwas nachts stattfindet, bedeutet das gleich Komasaufen und Vandalismus und gehört bekämpft. Dass sich das billig Saufen nicht verbieten lässt, nur verschieben, ist ganz offensichtlich. Auch das Besäufnisdonaudampfschiff nach Linz und zurück war am Karfreitag wieder unterwegs. Mit Trash-DJs für Passauer Studenten und 20 Euro Eintritt war man auf dem falschen Dampfer und konnte sich, wenn man Glück hatte vom Sonntagsboulevardblatt im Vollsuff geknipst, abfeiern lassen.
Anscheinend gilt die Bauernregel: ihr könnt euch vernichten wie ihr wollt, nur dürft ihr dabei keinen stören. In der Altstadt ist jetzt wieder tote Hose. Die jugendlichen Schnapsleichen, die noch vor ein paar Wochen vor dem Loop zu sehen waren, werden jetzt vielleicht im Bahnhof Neustift oder in einer rustikalen Großraumdisco ihr Glück versuchen.
Kein Offizieller kräht jedoch nach dem was man Kollateralschaden nennen könnte. Also dass jegliches künstlerisch wertvolle Nachtleben umso repressiver verhindert wird, je mehr Schulkinder negativ auffallen. Wie das eine mit dem anderen zusammenhängt, ist uns völlig egal, wenn nur die Straße gekehrt wird, nachts um Vier.
Die Lüge lebt, möchte ich darauf reimen. Ist doch das oben genannte Beispiel mit dem Bußgeld nur ein weiteres in einer langen Reihe von desillusionierenden, ernüchternden Episoden der Totengräberei im öffentlichen Leben.
Die Gerhard Poltsche Toleranz ist da wirklich nur noch ein komisches Wortungetüm. Sie zeigt an, was einer aushält. Wenn einer im Mittelalter lange gefoltert wurde und immer noch nichts sagte, dann war er sehr tolerant, er konnte viel aushalten, sagt Polt. Wie lange ich mich noch von der Ordnungswut foltern lasse, hängt davon ab, wie viel ich aushalte. Ich bin zu tolerant und lasse mir zu viel Blödsinn erzählen.
Für die Unterhaus-Wirte ist ein so hohes Bußgeld nicht zu stemmen. Sie werden intoleranterweise nur noch Nachmittagskaffee an ältere Pärchen servieren. Denn die sind sowieso in der Überzahl.